Mehr Krebsdiagnosen, weniger krebsbedingte Todesfälle

In Großbritannien ist in den letzten 25 Jahren die Zahl der neu diagnostizierten Krebserkrankungen bei den 35- bis 69-Jährigen gestiegen, die Mortalitätsrate hingegen gesunken. Ein Trend, der nicht für alle Tumorentitäten gilt.

von Dr. Dagmar Kraus
17.05.2024

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© Foto: tzkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie haben sich Krebsinzidenz und -mortalität in der Altersgruppe der 35- bis 69-Jährigen zwischen 1993 und 2018 entwickelt?

Antwort: Gemäß Analyse der Krebsregisterdaten Großbritanniens ist die Zahl der Krebsneudiagnosen in dieser Zeit bei Männern um 57% und bei Frauen um 48% gestiegen. Mamma- und Prostatakarzinome wiesen die höchsten absoluten Fallzahlen auf. Anteilsmäßig am stärksten stieg die Leberkarzinominzidenz, durchschnittlich um 3,9% (Frauen) bzw. 4,7% (Männer) pro Jahr. Die krebsbedingten Mortalitätsrate der Männer sank um 20%, die der Frauen um 17%. Dieser Trend war bei den meisten Tumorentitäten zu beobachten, mit Ausnahme von u. a. Leber- und oralen Karzinomen.

Bedeutung: Tumorentitäten mit steigender Inzidenz und Mortalität müssen stärker in den Fokus genommen werden.

Einschränkung: Informationen zum Tumorstadium waren ebenso wenig verfügbar wie histopathologische Kriterien.

Es hat sich viel getan im Kampf gegen Krebs: Screeningprogramme wurden implementiert, Diagnose- und Therapieoptionen fundamental verbessert. Zudem ist es gelungen, den Tabakkonsum als wichtigen Risikofaktor zurückzudrängen. Forschende aus Großbritannien wollten wissen, wie sich diese Entwicklung auf die Krebsinzidenz und -mortalität in der Altersgruppe der 35- bis 69-Jährigen auswirkt und haben die Krebsregisterdaten aus England, Schottland, Wales und Nordirland ausgewertet. Berücksichtigt wurden 23 Tumorentitäten.

Leberkarzinome auf dem Vormarsch

Zwischen 1993 und 2018 ist die Zahl der Krebsneudiagnosen deutlich gestiegen, um 57% bei Männern und um 48% bei Frauen. Am ausgeprägtesten war die Zunahme zwischen 2003 und 2013. Verantwortlich für die steigende Inzidenz zeichneten bezogen auf die absoluten Zahlen vor allem das Mamma- sowie das Prostatakarzinom. Den prozentual höchsten Anstieg fanden die Expertinnen und Experten für das Leberkarzinom, mit einem durchschnittlichen jährlichen Plus von 3,9% bei Frauen bzw. 4,7% bei Männern. Ebenfalls häufiger diagnostiziert wurden in der weiblichen Bevölkerung Melanome (+3,5%), orale Karzinome (+3,3%) und Nierenkarzinome (+2,9%), bei Männern stieg wiederum die Zahl der Prostatakarzinome (+4,2%), Melanome (+4,2%) und oralen Karzinome (+3,4%).

Weniger Menschen sterben an Krebs

Die krebsbedingten Todesfälle waren hingegen rückläufig. Im Jahr 2018 lag die Mortalitätsrate der Männer um 20%, die der Frauen um 17% unter der von 1993. Der stärkste Rückgang war bis zum Jahr 2000 zu beobachten, danach blieben die Zahlen nahezu konstant.

Mit einem durchschnittlichen jährlichen Minus von 4,2% bzw. 5,1% sank bei Frauen und Männern die Magenkrebs bedingte Mortalität am stärksten. Durch das Zervixkarzinom (–3,6%) und Non-Hodgkin-Lymphom (–3,2%) bedingte Sterbefälle waren bei Frauen ebenfalls rückläufig. Männer starben seltener an Mesotheliomen (–4,2%), Blasenkrebs (–3,2%) und Lungenkarzinomen (–3,1%). Für das Mammakarzinom errechneten die Forschenden im Durchschnitt 2,8% und für das Prostatakarzinom 1,8% weniger Sterbefälle pro Jahr.

Ein gegensätzlicher Trend war für Leber- und orale Karzinome zu beobachten, mit einem durchschnittlichen jährlichen Plus von 2,7% bzw. 1,2% bei Frauen und 3,0% bzw. 1,0% bei Männern. Für Frauen stieg die Mortalität zudem im Zusammenhang mit Uterus- und Pankreaskarzinomen, für Männern mit Melanomen.

Verstärkt auf Krebsprävention setzen

Das entscheidende Ergebnis dieser Analyse ist aus Sicht der Forschend der deutliche Rückgang der Mortalitätsraten in der Altersgruppe der 35- bis 69-Jährigen bei fast allen Tumorentitäten. Dieser positive Trend sei wahrscheinlich auf den Erfolg der Präventionsprogramme, der Früherkennungsmaßnahmen sowie der verbesserten Diagnostik- und Therapiemethoden zurückzuführen. Zum gegensätzlichen Trend, der bei einer kleinen Zahl von Tumoren zu beobachten ist, tragen aus Sicht der Expertinnen und Experten sehr wahrscheinlich bislang weniger adressierte Risikofaktoren wie Übergewicht, Alkoholkonsum und UV-Strahlung bei. Hier seien die Präventionsbemühungen zu intensivieren. Die Analyse könne zudem als Vergleichsmaßstab dienen, um die Folgen von COVID-19-Infektionen bezüglich Krebsinzidenz und Outcome zu beurteilen.

Quelle: SpringerMedizin.de

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