BDDH Symposium 2023

BDDH meets Onkologie - Zwei spannende, interessante und unterhaltsame Tage BDDH Symposium: "Es war uns eine Freude!"

von DH Tanja Lüders, langjähriges BDDH Mitglied
02.05.2023

BDDH Symposium 2023
© Foto: BDDH e.V.
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Der BDDH bedankt sich für die Teilnahme, das riesige Interesse und tolle Feedback.

Diesmal sollte es einfachlicher Marathon in zwei Tagenwerden. Diesen haben bei bestem Wetter im Mövenpick Hotel in Münster mit zahlreichen Kollegen*innen beeindruckend gefinisht.

Förderung der Mundgesundheit in der Pflege

Am Freitagvormittag, den 14. April traf sich der BDDH zu seiner jährlichen Mitgliederversammlung. Hier lernten wir Herr Dr. Elmar Ludwig aus Ulm kennen, der mit Frau Prof. Annett Horn aus Münster das Projekt „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ und die Onlineplattform www.mund-pflege.net ins Leben gerufen hat. Hr. Dr. Ludwig sieht uns Dentalhygienikerinnen als wichtiges Bindungsglied für die Einführung der Expertenstandards in unseren Pflegeeinrichtungen und dessen Pflegepersonal in Deutschland. So hoch motivierend und erfrischend konnte der Tag weitergehen!

Wir können stolz auf 20 Jahre BDDH sein und danken Frau Dorothee Neuhoff für ihr hohes Engagement für uns Dentalhygienikerinnen und deren Wertschätzung in der Zahnmedizin. Weiterhin gratulierten wir unserem Gründungsmitglied Marion Günther zu ihrem 20-jährigen Jubiläum als Schatzmeisterin.

Am Freitag begrüßte uns unsere Präsidentin Frau Aydan Sachs. Sie forderte die Verantwortlichen auf: „Täuschen Sie Ihre Patienten nicht! Erläutern Sie ihren Patienten die Kompetenzen und fachlichen Qualifikationen und Unterschiede ihrer Mitarbeiter*innen, damit diese mit einem guten Gefühl bestmöglich von Ihnen/ihnen behandelt werden.“

Anschließend startete Frau Dr. Inga Harks mit ihrem Auftrag an uns: „Sie müssen ein Detektiv sein!“ Im Zusammenhang der Mundschleimhauterkrankungen steht die Anamnese am Anfang einer jeden Behandlung. Eine Fotodokumentation sollte ergänzend vorgenommen werden. Für eine weitere Differentialdiagnose benötigen wir noch weitere Aspekte wie die Dokumentation der Medikamenteneinnahmen, Veränderungen der Beschwerden und eine ausführliche Beschreibung von Größe, Farbe und Beschaffenheit. Am Anfang stehen meist die oralen Manifestationen, bevor die systemischen Erkrankungszeichen zum Vorschein kommen. Aus diesem Grunde ist das genaue Hinsehen so essenziell wichtig. Anhand der PAR-Klassifikation erhielten wir gute Tipps und starteten den Tag mit den nicht Plaque induzierten Gingivitiden.

PD Dr. Dr. Keyvan Sagheb ist es seiner humorvollen Art zu verdanken, dass der Übergang von der Entzündung bis zur Onkologie der Speicheldrüsen so einfach gelang. Hier bekamen wir vom benignen Basalzelladenom bis zum malignen Karzinom alles zu sehen und haben einen Überblick in die Behandlung während der Krebstherapie erhalten. Anschließend war für uns allen Anwesenden klar: Jede noch so kleine Veränderung wird zum Hals-Nasen-Ohren Arzt oder zum Mund-Kiefer-Gesicht Chirurgen überwiesen!

In den Pausen konnte man sich über die Innovationen der IDS 2023 bei diversen Firmen informieren und wurde dementsprechend mit Materialien zum Mitnehmen animiert.

Herr Christian Franzkoch hatte sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigt und somit haben wir auf die Kommunikation mit Krebspatienten verzichten müssen. Aus diesem Grunde bedanken wir uns bei Prof. Dr. Dr. Walter für sein spontanes einspringen und die Einführung in die Hauttumore (S2k-Leitlinie 032-021 „Basalzellkarzinom“). Die Prävalenz eines Basalzellkarzinom beziffert sich in Deutschland von 200 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Epidemiologisch waren es 2008 ca. 2500 Todesfälle. Aus diesem Grunde ist eine spezifische Diagnostik notwendig wie: Asymmetrie, Begrenzung, Farbe, Differentialstrukturen und die Zeit/Evolution.

Bevor es dann zum abendlichen kollegialen Austausch und dem gemeinsamen Essen ging, berichtete uns Herr Dr. Michael Klein über die Ernährung während oder nach einer Krebstherapie und warum sie so wichtig ist. Essen und Trinken ist die Seele des Menschen. Leider stellt die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme während einer Strahlentherapie im Kopfbereich ein häufiges Problem dar. Somit sind der Abbau von Muskelmasse als Trigger für Inflammationsprozesse und die Immobilität zwei wichtige Faktoren, die es zu vermeiden gilt. Eiweißhaltige Nahrungsmittel in Verbindung mit einer leichten körperlichen Bewegung sind wichtig. Das Ziel sollte immer eine orale/ enterale Ernährungstherapie mit keinem Verzicht auf Zucker bzw. Kohlenhydrate darstellen. Darüber hinaus kann auch ein adipöser Patient mangelernährt sein. Es ist in der S3-Leitlinie keine generelle Empfehlung einer Diät zu finden. Auch wenn ein Patient lebenslang krebsfrei ist, kann es leider sein, dass er seinen Geschmack nicht wiederfinden wird. Hierbei können altbewährte Hausrezepte wie Fenchel, Anis (Appetit anregen) und Ingwer (gegen Übelkeit) eine wertvolle Alternative sein. Seine „take home message“ an uns: Nicht zu streng zu sein, wir sollten den Erhalt von Lebensqualität individuell berücksichtigen!

Diesmal trafen wir uns nicht im eleganten Restaurant Chesa Rössli, sondern konnten mit delikaten Fingerfood, Tanz mit DJ und Drinks an der Bar einen gesprächsreichen und netten Abend erleben.

Am Samstag erläuterte PD Dr. Dr. Keyvan Sagheb, dass 5 % aller Malignome die Mundhöhle betreffen. Dabei handelt es sich bei 95 % um Plattenepithelkarzinome. Die Inzidenz ist weltweit steigend und die Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland steigt auf 10.000. Die 5-Jahresüberlebenswahrscheinlichkeit liegt bei ca. 50 %. Eine Vorläuferläsion könnte der eher asymptomatische weiße orale Lichen planus sein, erkennbar an seine retikuläre (Wickham Striae), papulöse, plaqueartige Form. Seine Ätiologie ist bislang nicht vollständig geklärt. Die Elimination von Reizfaktoren, Alkohol- und Zigarettenkarenz, Verzicht auf zu „scharf gewürzte“ und zu „heiße“ Speisen und eine evtl. Medikamentenumstellung stellen eine gute Therapie dar. Die Grundprinzipien in der Diagnostik lauten: Jede Abweichung in Farbe, Form, Festigkeit, Funktion und Verlauf ist tumorverdächtig bis eine andere Diagnose zugeordnet werden kann oder die Stelle abgeheilt ist. Und das wird nach 2-3 Wochen kontrolliert. In der S2-Leitlinie zur Diagnostik und Management von Vorläuferläsionen des oralen Plattenepithelkarzinoms stellt eine Exzisionsbiopsie den Goldstandard dar, in der Gewinnung zytologischen Materials mittels Bürstenbiopsie ist eine frühzeitige Aufdeckung von 70 – 85 % gegeben. Dr. Sagheb erinnerte nochmals an ein genaues Schleimhautscreening und stellte die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten in Praxen und den Kliniken heraus.

Das Karzinom der Mundhöhle stellte uns PD Dr. Jan D. Raguse von der Diagnostik bis zur Rehabilitation vor. In beeindruckenden Bildern durften wir die Therapie in Form der Chirurgie, Immunmodulation, System- und der Strahlentherapie mit verfolgen wobei eine kaufunktionelle Rehabilitation und ein engmaschiges Recall des Patienten das Ziel sei. Je früher ein Patient zu ihm komme, desto höher ist seine Überlebensrate. Risikofaktoren sind u. a. chronischer Tabak- und Alkoholkonsum, chronische Entzündungen, mechanische Irritationen, schlechte Mundhygiene und genetische Faktoren.

Jede 8. Frau erkrankt an einem Mammakarzinom und jede 29. Frau stirbt an Brustkrebs. In der Früherkennung ist die Wirkung und die Effektivität eines Mammographie-Screening belegt! Jede 20. Frau kann die genetischen Mutationen BRCA1 und BRCA2 „BReast-CAncer-Gene“ in sich tragen. 80 – 90 % dieser Frauen können ein Mammakarzinom und 30 – 60 % ein Ovarialkarzinom bekommen. Männer mit einem Verdacht auf Brustkrebs lassen sich in einem familiären Zentrum für Brust- und Eierstockkrebs untersuchen. Zielgerichtete Therapien können die Immun- und Hormontherapie und die Gabe von Medikamenten darstellen. Jede einzelne von uns kann eine gute Prävensionstrategie fahren, indem sie nicht raucht, keinen Alkohol konsumiert, eine ausgewogene Ernährung genießt und regelmäßigen Sport treibt. Frau Dr. Joke Tio stellte sich anschließend den Fragen aus dem meist weiblichen Plenum, die nicht nur ausschließlich für unsere Patienten gefragt wurden.

Nach dem Mittag wurde die Frage Antiresorptiva – vom Patienten unterschätzt – vom Zahnarzt unterschätzt? von Dr. Dr. Christian Walter beantwortet. Dabei wurden uns die Trigger der Osteonekrose, die Halbwertzeiten im Körper, die Bildgebung an der Panoramaschichtaufnahme während der Einnahme von Bisphosphonaten und die Gabe dieser in der zahnmedizinischen Behandlung erläutert. Der Bisphosphonat Laufzettel – Risikoelevation (www.dginet.de) sollte als eine Hilfestellung in der interdisziplinären Behandlung integriert werden.

Nach der Kaffeepause erklärte uns Herr Dr. Dennis Akuamoa Boateng die Grundlagen der Strahlentherapie, Wirkungen und Ablauf einer Präzisionsbehandlung. Durch eine Bestrahlung über sechs Wochen kann es u. a. zu einer Mukositis, Geschmacksverlust und zu einem temporären Verlust der Kau- und Schluckfunktion kommen. Abschließend konnten wir uns leichter in unsere Patienten hineinversetzen, was unsere Patienten während ihrer Zeit der Bestrahlung erleben müssen.

Treffender nicht sein konnte nun die Überleitung von Herr Dr. Dr. Maximilian Krüger: “Wer heilt hat recht.“ Auch wenn bestimmte Wirkstoffe keine Evidenz aufzeigen, können sie unserem Patienten eine Linderung der Symptome geben. Somit können die weiteren Spätfolgen einer Chemotherapie wie Radioxerostomie, Strahlenkaries und eine infizierte Osteonekrose evtl. auch mit Kamille, Salbei, Wasser oder dem lutschen von Eiswürfel eine Linderung geben. Darüber hinaus ist die professionelle Betreuung seitens der ZMP/ZMF oder DH in der Praxis während der PZR von hoher Bedeutung. Sie entfernt nicht nur den Biofilm, Zahnstein und Noxen, sondern gibt weitere wichtige Tipps in der häuslichen Mundhygiene, hört aufmerksam zu und plant weitere Maßnahmen wie Fluoridierungsschienen. Dr. Dr. Krüger beendete den Tag so passend mit einem Zitat aus einer Studentenzeitung: „Empathie gibt´s nicht im Appstore!“

 

Quelle: BDDH

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