Hornhautersatz: Fischschuppen erhöhen den Durchblick

Viele kennen Tilapia als Fischfilet aus der Kantine, doch künftig könnten die Buntbarsche als Quelle zum Hornhautersatz dienen – und Menschen mit trüber Kornea zu klarer Sicht verhelfen, betonen Ophthalmologen vor dem DOG-Kongress.

von Von Dr. Bianca Bach
24.10.2022

Tilapia-Schuppen, hier noch am Fisch befestigt, haben Vorteile als Hornhautersatz.
© Foto: sweeming YOUNG - stock.adobe.com
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Die regenerative Medizin in der Augenheilkunde gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gerade bei Erkrankungen der Augenhornhaut. Noch ist man aber weitgehend auf Transplantationen angewiesen. Während in Europa der Spendermangel ein relativer ist, fehlen Kornea-Banken in sich entwickelnden Länder oft ganz.

Daher wird an Alternativen geforscht, auch in der Hoffnung, langfristig vielleicht ganz auf den Austausch erkrankten Gewebes zu verzichten. Die Ansätze reichen von der schon etablierten, extrem teuren Stammzelltransplantation bis zu exotisch anmutenden Verfahren, wie der Verwendung von Fischschuppen.

Biocornea kurzfristig gut toleriert

Fischschuppen? „Das klingt erst einmal ein bisschen spooky“, sagte Professor Claus Cursiefen, Generalsekretär der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und Direktor des Zentrums für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Köln, bei einer Pressekonferenz zum DOG-Kongress 2022.

Aber: „Man weiß, dass Fischhaut die Wundheilung fördert.“ Das Fischschuppentransplantat, welches auch schon bei nicht heilenden Hautdefekten verwendet worden sei, dient als Matrix und wird nach und nach vom Empfängergewebe übernommen.

Jetzt wurde es erfolgreich in einer Pilotstudie an Menschen mit akuten Hornhautperforationen getestet, als Überbrückung bis zur eigentlichen Keratoplastik. Über die drei Tage – eine längere Anwendungsphase hatte die Ethikkommission bei dieser Erstanwendung am menschlichen Auge nicht gestattet – wurde das modifizierte Ersatzgewebe gut toleriert, berichtete Cursiefen.

Zellen werden vorab entfernt

Die Vorteile von Tilapia-Schuppen liegen für den Augenarzt auf der Hand: Sie sind – auch als Restprodukte aus der Lebensmittelindustrie – praktisch überall verfügbar und „relativ einfach in der Herstellung“. Sie lässt sich mit dem Laser glätten und leicht von Zellen befreien, was Abstoßungsreaktionen verhindert. Zudem ist sie dann aufgrund der Kollagenkomposition, ähnlich wie menschliche Hornhaut, klar und lässt sich zugleich nähen.

Noch betrachtet Cursiefen die Fischschuppentransplantation als interessanten Ansatz zur überbrückenden Behandlung, um Augenverletzungen abzudichten. „Längerfristiges Ziel ist sicherlich dann, diese Fischschuppen-Biocornea mit anderen Zellen zu komponieren und damit auch irgendwann einmal die gesamte Hornhaut austauschen zu können“, erläuterte der Ophthalmologe. „Das ist aber noch Zukunftsmusik.“

Aufruf zur Hornhautspende

Die Lösung aller Probleme im Bereich des Transplantationsgewebemangels stellt diese Technologie bislang ebenso wenig dar wie andere Ansätze, betonte Cursiefen, der die Gelegenheit auch zum Spendenaufruf nutzte. Hornhauttrübungen sind weltweit die zweithäufigste Erblindungsursache, und die Hornhauttransplantation ist die häufigste Transplantation im Bereich der Medizin.

In Deutschland werde sie 9000-mal im Jahr vorgenommen. Gut zu wissen: Sie ist noch Tage nach dem Tod des Spenders möglich. Inzwischen kann auch eine Spenderhornhaut durchaus für mehrere Empfänger verwendet werden, wenn nur erkrankte Hornhautanteile ersetzt werden (Split-Cornea-Prinzip).

Quelle: Ärzte Zeitung

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