Stromschlag: Unerwartete Langzeitfolgen häufiger als gedacht

Wer nach einem Stromunfall die Notaufnahme rasch wieder verlassen kann, hat Glück im Unglück. Erstmal – denn auch wenn es zunächst nicht so aussieht, können zahlreiche Spätfolgen auftreten.

28.10.2021

Stromschlag
© Foto: lassedesignen / Fotolia
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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Haben Patienten, die nach einem Stromunfall in der Notaufnahme landen und keine initialen Anzeichen schwerer Folgen aufweisen, trotzdem Langzeitfolgen?

Antwort: Die Mehrheit dieser Patienten hat Langzeitfolgen, vor allem neurologische, psychologische und kardiologische. 

Bedeutung: Alle an der medizinischen Versorgung der Patienten Beteiligten sollten wissen, dass Langzeitkomplikationen auftreten können.

Einschränkung: Es wurde eine geringe Anzahl an Patienten einbezogen und die Langzeitkomplikationen basierten auf Eigenangaben.

Von einem leichten Kribbeln bis zum Herzstillstand – die Folgen eines Stromunfalls variieren je nach Stromstärke und weiteren Umständen erheblich. Viele Patienten kommen nach solch einem Zwischenfall in die Notaufnahme und können diese relativ schnell und weitgehend beschwerdefrei verlassen. Doch auch in diesen Fällen treten mitunter Langzeitkomplikationen auf. Französische Forscher haben jetzt festgestellt: Das kommt häufiger vor als angenommen.

Die Mediziner um Dr. Nathan Chauveau vom Hôpital Sainte-Anne in Toulon rekrutierten Patienten, die nach einem Stromunfall in der Notaufnahme eintrafen und keine initialen Anzeichen schwerer Folgen aufwiesen. Betroffene mit Organversagen, schweren Verbrennungen und Intensivpatienten wurden ausgeschlossen. Die übrigen 48 Teilnehmer wurden mindestens ein Jahr nach dem Unfall telefonisch kontaktiert, um Fragen zu potenziellen Langzeitsymptomen zu beantworten.

Neurologische Folgen am häufigsten

82% der Patienten hatten mindestens eine Komplikation nach ihrem Unfall. Die hauptsächlichen Langzeitfolgen waren neurologische (65%), psychologische (58%) und kardiologische (31%). 42% hatten Probleme mit Augen, Ohren, Nase oder Hals, und 27% litten unter nicht genauer spezifizierten Schmerzen.

Zu den neurologischen Komplikationen zählten vor allem Parästhesien, Kopfschmerzen und chronische Asthenie, bei den psychologischen waren es Ängste, Schlafstörungen, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme. Die häufigsten kardiologischen Folgen waren Herzrasen, Brustschmerz und Hypertonie.

Patienten, die acht Jahre nach dem Stromschlag befragt wurden, hatten höhere Raten neuropsychologischer Komplikationen als diejenigen, die ein Jahr danach kontaktiert wurden. Bei einem Vergleich von Patienten mit und ohne Langzeitfolgen unterschied sich lediglich die Verweildauer in der Notaufnahme – sie war bei den Teilnehmern mit Komplikationen länger.

Knapp die Hälfte sind Arbeitsunfälle

Insgesamt waren Männer häufiger betroffen (71%), das Durchschnittsalter betrug 33 Jahre. Die häufigsten Gründe für Unfälle waren der Umgang mit Kabeln oder Drähten (35%) oder das Benutzen von Elektrowerkzeug (28%). Bei 45% der Ereignisse handelte es sich um Arbeitsunfälle.

„Das Auftreten neuropsychologischer Langzeitkomplikationen überwiegt. Das Wissen über und der Umgang mit diesen Folgen muss besonders Notärzten bekannt sein, da sie oft der erste medizinische Kontakt des Patienten sind“, fordern Chauveau und Kollegen. Alle, die an der medizinischen Versorgung der Betroffenen beteiligt sind, sollten ihnen zufolge darauf aufmerksam gemacht werden, dass Langzeitfolgen auftreten können. Dies könnte die langfristige Patientenversorgung verbessern.

Quelle: www.springermedizin.de

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1 Kommentar

18.12.2022 - 12:38 Uhr
Kommentar von

Sehr geehrte Damen und Herren, im August 2000 trug sich folgendes zu. Ich habe unseren Rasen zum erstmal gemäht und nach Beendigung der Arbeit das Kabel ohne es aus der Steckdose zu ziehen, um meinen Arm aufgewickelt. Dabei habe ich mit meiner Hand eine defekte Stelle angefasst und einen Stromschlag erlitten. Die Auswirkungen waren eine Katastrophe. Die Kraft dieses Schlages lies mich um 190 Grad um meine eigene Achse drehen und ich wurde in unser relativ kleines Pool geschleudert. Dabei hielt ich das Kabel wohl noch in der Hand und zog es mit ins Wasser. Ich schlug mit dem Körper auf die Treppe des Pools auf und meine linke Hand lag auf den Steinboden. Da spürte ich sofort das der Strom durch den linken Arm und Hand führte. Zwischendurch dachte ich immer ich könnte dIe Hand vom Boden ziehen, was aber nicht gelang. Wie lange ich dort verweilte bis meine Kinder endlich Hilfe geholt haben, kann ich heute nicht mehr sagen. Schätzungsweise zwischen 5 und 10 min. Dann das normale Prozedere. RTW und 24 Stunden auf ITS. Das Monitoring ergab keine Abweichungen. Damals sagte mir eine Bekannte, das erst nach ca 10 Jahren Probleme am Herzen entstehen können. Diese Worte hab ich nie vergessen. Nur da ich auch an einer Herzneurose erkrankt war, hab ich vieles auf diese geschoben. Heute bin ich sicher, das ich 2012 zum ersten mal eine Anfall von Tachykardie hatte, die nicht im Zusammenhang mit meine HN stand. Die Frequenz war enorm hoch. 2014 das nächste mal. Und 2018 wurde es schlimmer. Damalige Diagnose AVNRT. Ich wurde erfolglos abladiert ( zu nah am AV Knoten). Zur Unterdrückung des Herzrases wurde dann ein Antiarrhythmikum verordnet. Vor kurzem habe ich vom Rhythmologen im KH erfahren, das ich keine AVNT sondern unter eine fokalen atrialen Tachykardie leide. Jetzt meine Frage, wieso hab ich diese Stromunfall im Wasser überlebt? Weil ich mit der Hand auf dem Boden fiel und erdete? Mich lässt diese Frage bis heute nicht los. Und...haben meine Herzproblem mit diesem Unfall zu tun? Vielleicht können sie mir dazu etwas sagen. MFG Marion Bronckhorst Neue Ablation soll im Jan 2023 durchgeführt werden