Auf den Punkt: Knochenersatzmaterialien
Einleitung
Nicht nur fehlende Zähne lassen sich heutzutage ersetzen, sondern auch fehlender Knochen. Steht aufgrund von altersbedingtem Knochenabbau, Entzündungen, Tumoren oder Unfällen kein eigener Knochen mehr zum Auffüllen von Knochendefekten zur Verfügung, müssen Ersatzmaterialien helfen.
Insbesondere zur Einheilung von Zahnimplantaten, bei Extraktionen oder Resektionen benötigt man geeignetes Material, um eine Rekonstruktion von Knochensubstanz zu beschleunigen und die Durchwachsung von Hohlräumen mit Weichgewebe zu verhindern. Knochenersatzmaterial kann sowohl organischen als auch anorganischen Ursprungs sein. Es kann also von anderen Lebewesen stammen oder synthetisch hergestellt werden. Dabei lassen sich sechs Arten unterscheiden: autologe, isogene, allogene, xenogene, phykogene und alloplastische Materialien.
Körpereigener Knochenersatz
Bei autologem Knochenersatzmaterial handelt es sich um körpereigenen Knochen, der dem Patienten entnommen wird. Meistens wird hierbei Knochen vom Beckenkamm in Form von Knochenmark oder Knochenspan extrahiert, aber auch Stellen am kniegelenknahen Schienbein oder am Unterarmknochen sind möglich. Bei der Verwendung von Hüftknochen ist ein zusätzlicher Eingriff im Krankenhaus unter Vollnarkose notwendig. Für kleinere Knochenaufbauten kann auch ein Knochentransplantat aus dem Unterkiefer, z. B. aus dem Kinn- oder Kieferwinkelbereich, herangezogen werden. Der körpereigene Knochenersatz hat den Vorteil, dass Abwehrreaktionen des Immunsystems und mögliche Krankheitsübertragungen vermieden werden können. Allerdings steht autologes Material nur in begrenzter Menge zur Verfügung und ist daher insbesondere für kleinere Eingriffe geeignet.
Gespendeter Knochen
Bei allogenem Knochenersatzmaterial wird Spenderknochen von einem anderen Menschen verwendet. Oft stammt dieser aus dem Hüftkopf, der im Rahmen der Implantation einer Hüftendoprothese entnommen und in einer Knochenspenderbank konserviert wird. Allogener Knochen besitzt ein osteoinduktives Potenzial, das heißt, die Zellen sind in der Lage, eine Knochenneubildung anzuregen. Andererseits können hierbei Komplikationen wie immunologische Reaktionen, Pseudarthrosen oder Infektionen, etwa mit HIV, auftreten.
Knochenmaterial von Tieren
Bei xenogenem Knochen handelt es sich um fremdartiges Material, meist tierischer Herkunft. Hierzu dient Knochenmaterial vom Rind (bovin), Pferd (equin) oder Schwein (porcin), das in seinem Aufbau dem menschlichen Knochen ähnelt. Um eine Materialabstoßung und Übertragung von Krankheiten, z. B. durch Prionen, die Erreger der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, zu unterbinden, werden bestimmte Sicherheitsvorkehrungen ergriffen. Beispielsweise werden nur bestimmte Spendertiere aus registrierten Schlachthöfen ausgewählt, die ein vernachlässigbares BSE-Risiko tragen. Zudem wird das Gewebe durch aufwendige, mehrstufige Verfahren gereinigt und organische Bestandteile wie Zellen und Proteine werden entfernt. Die Übertragung von Krankheitserregern wird als extrem selten eingeschätzt, kann aber nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus können Knochenersatzstoffe auch aus Algen oder dem Exoskelett von Meereskorallen gewonnen werden. Sie bestehen zum größten Teil aus Kalziumkarbonat und werden wenige Wochen nach Einlagerung in einen Defektbereich nahezu vollständig resorbiert.
Künstliche Knochenersatzmaterialien
Unter alloplastischen Knochenimplantaten versteht man künstlich hergestellte Stoffe. Dazu gehören nichtkeramische Materialien wie Kalziumkarbonat, Beta-Trikalziumphosphat und Hydroxylapatit. Zum Auffüllen kleinerer Defekte, beispielsweise beim Sinuslift, eignen sich Knochenersatzmaterialien in Form von Granulat. Allogenes oder xenogenes Knochenmaterial ist auch in spongiöser oder kortikospongiöser Blockform verfügbar und kann somit für eine Augmentation größerer Defekte eingesetzt werden. Knochenersatzmaterialien müssen bestimmte Kriterien erfüllen, um der Aufgabe des Knochenersatzes gerecht zu werden. Sie dürfen nicht toxisch sein, keine allergieauslösende oder krebserregende Wirkung besitzen. Sie sollten biokompatibel sein und reizlos in den Körper einheilen. Weiterhin sind ein vollständiger Abbau und Ersatz durch körpereigenes Knochengewebe Voraussetzung. Zusätzlich sollten Knochenersatzmaterialien leicht zu verarbeiten, mechanisch belastbar und undurchlässig für Röntgenstrahlen sein. Damit sie langfristig in den zahnmedizinischen Praxisalltag integriert werden können, müssen sie in ausreichender Menge zur Verfügung stehen sowie lagerfähig und formstabil sein.